Kolpingfamilie Bregenz
Zusammenfassung der Ergebnisse
Am 15. Jänner 1999 erstattete der alleinige Geschäftsführer der Kolpingfamilie Bregenz, Raimund von der Thannen, gegenüber dem Wirtschaftsvorstand des Vereins eine Selbstanzeige wegen der Veruntreuung von Geldern in Höhe von rund ATS 2,3 Mio. Der Geschäftsführer hat die mit ihm getroffene Vereinbarung zur Rückzahlung des Betrages nicht eingehalten. Daraufhin hat der Wirtschaftsvorstand das Land Vorarlberg informiert, es wurde eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet.
Am 22. Oktober 1999 erteilte die Kolpingfamilie ihre Zustimmung zur Prüfung der Veruntreuung durch den Landes- Rechnungshof. Der Landes-Rechnungshof hat daraufhin sämtliche Zu- und Abflüsse auf bzw. von sämtlichen Bankkonten und der Kassa ab Mitte 1996 überprüft. Vor diesem Zeitpunkt fehlen die entsprechenden Unterlagen wie Kassabücher und Bankbelege. Eine Kassabestandsaufnahme wurde vom Landes-Rechnungshof nicht durchgeführt, sie erfolgte bereits zu einem früheren Zeitpunkt durch den Verein selbst.
Der Landes-Rechnungshof kommt nach eingehender Prüfung der Geschäftsjahre 1995 bis 1999 auf einen Schaden in Höhe von ATS 3,3 Mio.
Der Geschädigte ist der Verein Kolpingfamilie Bregenz, da ihm Einnahmen aus der Kassa unterschlagen wurden, er das Treuhandkonto abdecken muss und der Geschäftsführer sich und den Heimbewohnern Gehaltsvorschüsse und Darlehen gewährt hat. Der Geschäftsführer wird seine Schulden nur schwer zurückzahlen können.
Anzumerken gilt, dass die Kolpingfamilie Bregenz zusammen mit ihrem Wirtschaftsprüfer die Bilanz 1998 auf Grund der Selbstanzeige entsprechend korrigiert hat. Diese Bilanz wurde im August 1999 mit einem uneinge- schränkten Bestätigungsvermerk versehen – nach Meinung des Wirtschaftsprüfers zu Recht.
Auf Grund der Recherche und der Abstimmung mit den betroffenen öffentlichen Stellen konnte der Landes- Rechnungshof keine Veruntreuung öffentlicher Gelder feststellen. Die Abrechnung mit dem AMS (Arbeitsmarkt- service Österreich) für die Jahre 1998 und 1999 ist gemäß Fördervertrag noch mit den tatsächlich erfolgten Zahlungen durch das AMS abzustimmen.
Die Vereinsstatuten sehen vor, dass bei wirtschaftlicher Betätigung des Vereins, wie zum Beispiel die Führung von Heimen, ein Wirtschaftsvorstand zu bestellen ist, der aus ehrenamtlichen Mitgliedern besteht. Dieser hat laut der Satzung aus dem Jahr 1995 auch die Verantwortung für den Wirtschaftsbetrieb. Es fehlen jedoch klare Anweisungen, wie die Verantwortung für wirtschaftliche Belange wahrzunehmen ist.
Die begangenen Veruntreuungen waren möglich, weil ein internes Kontrollsystem praktisch nicht existiert hat. Das Vier-Augenprinzip wurde nicht ausreichend praktiziert, die Kassaführung und der Kassastand wurden nicht regelmäßig überprüft, der Freiraum für den Geschäftsführer war zu groß und von einem zu großen Vertrauen des Wirtschaftsvorstandes geprägt.
In den letzten vier Jahren konnte kein positives Ergebnis erzielt werden, die Ertragslage ist angespannt. Aus dem laufenden Geschäft wurde insgesamt kein positiver Cash-flow erwirtschaftet. Dementsprechend haben sich die Schulden über die Jahre hinweg nicht verringert, das Eigenkapital ist bereits durch Verluste aufgezehrt.
Mit der vom Land Vorarlberg zugesagten Erhöhung der Betreuungssätze ist eine wichtige Voraussetzung zur Sicherung der Ertragslage erfüllt. Trotzdem sollte ein Sanierungskonzept erstellt werden, das auch Vorschau- rechnungen mit entsprechenden Tilgungsplänen enthält. Die wirtschaftliche Existenz des Vereins ist erst dann gesichert, wenn die notwendigen Mittel zur Schuldentilgung auch erwirtschaftet werden können.
Die wirtschaftliche Betätigung von Vereinen erfordert eine entsprechende organisatorische und personelle Aus- stattung. Diese notwendigen Anpassungen ziehen weit reichende Veränderungen in der bisherigen Praxis bei Vereinen und ähnlichen Institutionen mit sich. Konsequenzen ergeben sich sowohl für das zukünftige Anforde- rungsprofil der Führungskräfte und der Kontrollorgane, als auch für die interne Organisation der Wirtschafts- betriebe.
Die Veruntreuung im Kolpinghaus hat gezeigt, dass die Organe zwar fachlich kompetent waren, ihre Kontroll- funktion aber sowohl aus zeitlichen Gründen, als auch auf Grund eines zu hohen Vertrauens in den Geschäfts- führer nicht ausreichend erfüllt haben.
Dem Verein ist dadurch ein Schaden entstanden, die Klärung der Haftung auf Grund der mangelnden Sorgfalts- pflicht ist nicht die Aufgabe des Landes-Rechnungshofes.
Aus Sicht des Landes-Rechnungshofes sollte bei den Organen der Vereine das Bewusstsein dafür geschaffen werden, was Verantwortung und Kontrolle für den Einzelnen in seiner Funktion bedeuten – auch wenn es sich nicht um gewinnorientierte Betriebe handelt.
Ab einer bestimmten Größenordnung des Wirtschaftsbetriebes sollte ein Rechtsformwechsel durchgeführt und ein entsprechend professionelles Management installiert werden.