Hypo Vorarlberg Leasing AG, Bozen
Zusammenfassung der Ergebnisse
Die Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank AG (Hypo Landesbank) ist eine Universalbank. Neben dem Kernmarkt Vorarlberg werden weitere Märkte selektiv erschlossen. Mit der Gründung der Hypo Vorarlberg Leasing AG in Bozen (Leasing Bozen) im Jahr 1991 wurde das Ziel verfolgt, den Markt Italien im Leasinggeschäft zu erschließen. Der relativ raschen Etablierung am Markt folgte eine expansive Wachstumsphase. Treibende Kraft der Expansion war Direktor Nothdurfter, der sein Netzwerk gezielt nutzte und mit einer umfassenden Alleinvertretungsvollmacht ausgestattet war.
Struktur und Systeme der Leasing Bozen konnten mit dem Wachstum nicht mithalten. Prüfberichte der Internen Revision enthielten ab 1996 deutliche Hinweise auf Defizite in der Abwicklung der Leasinggeschäfte sowie Mängel im Rechnungswesen und im Internen Kontrollsystem (IKS). Der Wirtschaftsprüfer vermerkte in seinen Prüfberichten jährlich die Notwendigkeit, ein IKS einzuführen bzw dieses zu verbessern, erteilte aber jährlich einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk. Im Jahr 1999 wird die Leasing Bozen zwei Steuerprüfungen durch die Finanzwache unterzogen. Gegen den Direktor und den Präsidenten des Verwaltungsrats Dr Stadelmann wird ein Finanzstrafverfahren eingeleitet.
Als Präsident des Verwaltungsrats beauftragt Dr Stadelmann im Jahr 1999 den Steuerberater der Leasing Bozen mit einer Prüfung der Buchhaltung und der Provisionszahlungen. Er wird im Juli 2000 mündlich über die erhobenen Mängel informiert, bestreitet jedoch diese Information erhalten zu haben. Der Präsident des Verwaltungsrats setzt keine – den Ergebnissen der Prüfung adäquaten – Maßnahmen.
Der von Dr Stadelmann beauftragte Bericht der Internen Revision deckt im September 2001 zahlreiche Unregelmäßigkeiten des Direktors auf. Ab diesem Zeitpunkt ist klar, dass der Direktor atypische Leasinggeschäfte im großen Stil getätigt, bis heute ungeklärte Provisionen ausbezahlt, Finanzierungen in Millionenhöhe ohne Sicherheiten gewährt und seine Kompetenzen deutlich überschritten hat. Der Direktor wird mit Ende September 2001 suspendiert. Die Vertragsauflösung erfolgt im November 2001.
Ab Oktober 2001 werden vom Vorstand umfangreiche Maßnahmen zur Schadensbegrenzung gesetzt und Nachbesicherungen durchgeführt. Im Jahr 2002 wird durch eine Poolfinanzierung mehrerer Banken ein Konkurs der Baugruppe abgewendet. Weitere Unregelmäßigkeiten werden aufgedeckt, der Wertberichtigungsbedarf steigt. Im Juni 2002 werden erstmals alle Risiken zusammengestellt und mit einem potentiellen Ausfall von € 21 Mio bewertet.
Die Banca d’Italia schließt im August 2002 ihre Prüfung bei der Leasing Bozen ab. Im Prüfbericht werden zahlreiche Unregelmäßigkeiten im Leasinggeschäft dargestellt sowie schwere Mängel im IKS und eine mangelnde Sorgfaltspflicht von Verwaltungs- und Aufsichtsrat aufgezeigt. Als Konsequenz verhängt die Banca d’Italia über die Leasing Bozen eine Neugeschäftssperre für drei Monate. Die Aufhebung ist an Bedingungen geknüpft, die im September 2002 erfüllt werden.
In den Jahren 2003 und 2004 werden vom Vorstand weitere Maßnahmen zur Schadensreduktion gesetzt und Berechnungen für das Schadensausmaß durchgeführt. Das aktuellste Gutachten vom Februar 2005 weist im besten Fall einen Schaden von € 14,3 Mio und im schlechtesten Fall einen Schaden von € 27,3 Mio aus. Der tatsächliche Schaden wird wesentlich von der Verwertbarkeit einer Liegenschaft bestimmt.
Dr Stadelmann hat seine Berichtspflicht an die übrigen Mitglieder des Vorstands sowie an den Aufsichtsrat verletzt. Er hat erstmals im Oktober 2001 über Probleme in der Leasing Bozen informiert, obwohl diese ihm bereits über ein Jahr bekannt waren. Dringend erforderliche Eingriffe in die Geschäftsführung konnten daher vom Vorstand nicht rechtzeitig erfolgen und haben den Schaden erhöht.
Für die Führungskräfte der Hypo Landesbank und ihrer Tochterunternehmen wurde eine Vermögens- schadenhaftpflicht-Versicherung abgeschlossen. Ob und in welcher Höhe eine teilweise Deckung des Schadens durch die Versicherung erfolgt, ist derzeit offen. Die Einleitung einer Haftungsklage gegen die Verwaltungsräte sollte einer eingehenden Prüfung unterzogen werden.
Der Aufsichtsrat der Hypo Landesbank hat seine Beschlüsse nicht konsequent überwacht und dadurch Dr Stadelmann erst relativ spät das Vertrauen entzogen. Das Dienstverhältnis wurde einvernehmlich mit Ende Jänner 2004 aufgelöst. Der Aufsichtsrats-Vorsitzende hat die Rechtsposition nicht ausreichend geprüft. Die Auflösungsvereinbarung wurde nur mündlich vorgetragen und liegt dem Beschluss nicht bei. Die Schad- und Klagloshaltung ist gesetzwidrig, die Konditionen der Vertragsauflösung dem Fehlverhalten nicht angemessen.
Der Aufsichtsrat unterschätzte die Krisensituation und wählte eine Kommunikationsstrategie, die sich als völlig untauglich erwiesen hat. Die Information der Öffentlichkeit und die Kommunikation mit den Medien war unprofessionell und für das Image der Hypo Landesbank schädlich. Künftig sollte in Krisenfällen eine aktivere Kommunikationspolitik gewählt werden.